Marginalisierung im Ehrenamt – Aufgabe für die Soziale Arbeit?

# Soziale Arbeit # Ungleichheit # Marginalisierung

Hochschule Neubrandenburg
Prof. Dr. Christine Krüger & Prof. Dr. Claudia Vogel

Projektlaufzeit:
April 2022 – Mai 2023

Was wurde konkret gemacht?

Zugänge zum Ehrenamt sind sozial ungleich verteilt. Es gibt Gruppen, die sich ehrenamtlich engagieren möchten, das aber (ohne Unterstützung) nicht umsetzen können. Das Forschungsprojekt hat untersucht a) welche Hürden es für engagementbereite Menschen aus marginalisierten Gruppen gibt, b) wie Soziale Arbeit Menschen aus marginalisierten Gruppen einen verbesserten Zugang zum Engagement ermöglichen kann und c) wie Menschen aus marginalisierten Gruppen unterstützt werden können, um ein Engagement umzusetzen.

Was sind die drei spannendsten Ergebnisse?

  1. Gesellschaftlich marginalisierte Gruppen haben einen erschwerten Zugang zu Engagement, insbesondere aufgrund des sozioökonomischen Zugangs, Bildungsunterschieden, sozialer Belastungen sowie geringer persönlicher Ressourcen.
  2. Fachkräfte, die im Bereich der Sozialen Arbeit und der Engagementförderung tätig sind, haben ein Bewusstsein für die Reproduktion sozialer Ungleichheit im Engagement. Bisher liegen jedoch kaum Konzepte oder Best-Practice-Beispiele vor, wie diesen Ungleichheiten entgegengewirkt werden kann.
  3. Förderung marginalisierter Gruppen bedeutet einen Paradigmenwechsel im Engagement: statt einer Fokussierung auf eine konkrete Zielgruppe, müssen sich Angebote der Engagementförderung und -begleitung an den Ressourcen und Bedarfen der Interessierten ausrichten. Dies ist nur mit einem erhöhten Ressourceneinsatz in der Engagementförderung möglich.

 Welche Zahl ist brisant?

26 % der Menschen mit geringem Bildungsniveau, die sich noch nie engagiert haben, jedoch dazu bereit wären, geben als Hinderungsgrund an, dass sie sich für ein Engagement nicht geeignet fühlen. Bei den Personen mit hohem Bildungsniveau sind es lediglich 12 %. (Quelle: FWS 2019, gewichtet, eigene Berechnungen)

Was kann die Politik aus den Erkenntnissen lernen?

Engagementförderung benötigt politischen Willen: Engagementstrategien der einzelnen Bundesländer müssen stärker auf die Förderung marginalisierter Gruppen eingehen.

Was können engagementfördernde Organisationen lernen?

Engagementförderung marginalisierter Gruppen ist nur mit einem erhöhten Ressourceneinsatz in der Engagementförderung möglich. Eine ressourcenorientierte Perspektive ist das Fundament der Konzepte. Marginalisierte Gruppen zu fördern, bedeutet eine intensive Begleitung, insbesondere in der Vermittlung, dem Matching sowie in der Anfangsphase des Engagements. Beratungsprozesse sollten intensiv und kleinteilig gestaltet werden.

Was kann die Wissenschaft lernen?

Wir benötigen weitere Erkenntnisse dazu, inwiefern und unter welchen Bedingungen Engagement soziale Ungleichheit reproduziert.

O-Ton der Studienleitung: Was war Ihr „Aha-Moment“?

„Die Förderung von Engagement ist als Querschnittsaufgabe in verschiedenen Sozialgesetzbüchern festgeschrieben. Daraus kann ein Auftrag für die Soziale Arbeit abgeleitet werden, der bisher kaum in der Praxis diskutiert wird.“ (Christine Krüger)

Wo gibt es weitere Informationen?

Hier geht es zum Studienbericht.

  • Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze), Prof. Dr. Thomas Klie,
    in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach

  • Juli 2021 – Dezember 2021 (Vorstudie), Oktober 2022 – November 2023 (Hauptstudie)

  • Aktuelles

    Am 31.05.2023 um 11 Uhr werden die Ergebnisse der aktuellen Bevölkerungsbefragung zur Demokratischen Integration in Deutschland vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, wie zufrieden die Bevölkerung mit der Demokratie ist, inwiefern sie den demokratischen Institutionen vertrauen und welchen Einfluss freiwilliges Engagement darauf hat.

    Zur Anmeldung geht’s hier entlang.

  • Mit dem Monitoring Demokratische Integration werden die Einstellungen zur Demokratie und Verhaltensweisen der Bevölkerung längerfristig beobachtet, um frühzeitig strukturpolitische Maßnahmen zur Förderung von Engagement und demokratischem Verhalten entwickeln zu können. Dabei wird herausgestellt, welche Bedeutung Strukturmerkmale von Regionen für das Engagementniveau der Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wahlbeteiligung haben.

    Die Demokratische Integration beschreibt ein Bündel zusammenhängender Haltungen, wie grundsätzliche Einstellungen zur Demokratie, zum politischen System in Deutschland oder zu Amtsträgerinnen bzw. Amtsträgern sowie Verhaltensweisen, wie insbesondere die demokratische Partizipation durch freiwilliges Engagement und die Wahlbeteiligung. Das Konzept der Demokratischen Integration wurde von Prof. Dr. Thomas Klie und Prof. Dr. Baldo Blinkert (†) entwickelt.

    Im Jahr 2021 wurde eine Vorstudie zum Monitoring 2.0. durchgeführt, um das Konzept “Demokratische Integration” weiterzuentwickeln. Konkret wurde der Zusammenhang von Einstellungen der Bevölkerung zur Demokratie und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt mit über Sekundärdaten vorliegenden Informationen zum Verhalten der Bevölkerung in Regionen untersucht. Weiterhin wurde die Datengrundlage für die Strukturbedingungen von Regionen erweitert und aktualisiert.
    Hier geht’s zum Bericht zur Vorstudie.

    Die Hauptstudie liefert nun aktuelle Ergebnisse zu Indikatoren der demokratischen Integration in Bezug zu regionalen Strukturmerkmalen. Hierbei werden die vergangenen und aktuellen Krisenerfahrungen der Bevölkerung berücksichtigt. Um die positiven Zusammenhänge zwischen Demokratievertrauen und Partizipation (Engagement, Wahlverhalten) zu prüfen, wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach eine repräsentative Bevölkerungsbefragung durchgeführt. Die Untersuchung thematisiert u. a. die aktuellen Sorgen der Menschen, die Zufriedenheit mit der Demokratie, das Vertrauen in diese und die demokratische Partizipation (freiwilliges Engagement und Ehrenamt, Wahlverhalten). Ebenfalls werden Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland herausgestellt.
    Im nächsten Schritt werden nun die für das Monitoring wichtigen Zusammenhänge zu den Strukturmerkmalen von Regionen berechnet. Eine Ergebnisvorstellung sowie die Veröffentlichung des abschließenden Berichts sind für den Herbst 2023 geplant.

  • Hier ist der Bericht zur Vorstudie.

    Hier findet Ihr das Online-Seminar #EngagiertGeforscht und die Präsentation.

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  • Personen/Beteiligte Organisationen:

    Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (zze)

    Prof. Dr. Thomas Klie

    in Kooperation mit dem Institut für Demoskopie Allensbach

  • Projektlaufzeit:

    Juli 2021 – Dezember 2021 (Vorstudie), Oktober 2022 – November 2023 (Hauptstudie)

  • Was haben Sie konkret untersucht?

    Wir haben gefragt, wie die Kommunen in Brandenburg Engagement unterstützen. Die Ergebnisse haben wir mit dem tatsächlichen Bedarf der Engagierten verglichen. Und wir haben untersucht, ob die Angebote damit zusammenhängen, wie sich das Engagement (aus Sicht der Engagierten) vor Ort entwickelt hat.

  • Was sind die drei spannendsten Ergebnisse?

    • Wenn eine Kommune viel fürs Ehrenamt tut, entwickelt sich das Engagement deutlich besser. Kommunalpolitik kann also viel bewirken.
    • Was die Engagierten an Unterstützung brauchen, passt noch nicht optimal zu dem, was die Kommunen anbieten, z.B. wird Kinderbetreuung im Engagement zehnmal häufiger nachgefragt als angeboten.
    • Die Befragten aus den Vereinen und Initiativen schätzen den Status Quo der Unterstützung deutlich anders ein als die kommunalen Befragten. Es gibt ein Kommunikationsproblem.
  • Welche Zahl ist brisant?

    Welche Zahl ist brisant?
    Nur 27 % der Engagierten vertrauen der Kommunalpolitik – da gibt es noch viel zu tun!

  • Was …

    •  … kann die Politik aus den Erkenntnissen lernen?
      Gerade in Brandenburg hinken wir beim Engagement hinter anderen Bundesländern hinterher. Die Studie zeigt: Engagement lässt sich wirkungsvoll beeinflussen, wenn es Unterstützung gibt. Deshalb sollte die Landespolitik baldmöglichst einen Masterplan zur Engagementförderung auf den Weg bringen. Sie sollte die Qualifizierung der Engagierten mehr unterstützen, etwa mit einer Engagement-Akademie. Sie kann auch den Kommunen helfen, eigene lokale Strategien zu entwickeln – z.B. durch mehr Beratung.
    • … können Engagementfördernde Organisationen lernen?
      Das Angebot der Engagementfördernden Organisationen kommt im Flächenland Brandenburg bislang noch nicht ausreichend in den kleinen Gemeinden an. Es ist sehr zersplittert. Die Mitarbeitenden geben ihr Bestes! Gut wäre es, wenn sie die Interessen der Engagierten gegenüber der lokalen Politik und Verwaltung noch vehementer zur Geltung bringen würden. Und sie sollten die junge Generation stärker ansprechen und zur Mitwirkung und Mitentscheidung einladen.
    • … kann die Wissenschaft lernen?
      Die Studie hat u.a. weiteren Forschungsbedarf zur Infrastruktur des Ehrenamts offengelegt. So ist wenig dazu bekannt, was die Mitarbeitenden in der Engagementunterstützung von Kommunen oder Engagementfördernden Einrichtungen konkret tun. Genauere Erkenntnisse über die Gelingensbedingungen von Engagementförderung könnten auch Good Practice Studien bringen.
  • Ein “Aha-Moment”

    „Viele Engagierte arbeiten am Limit ihrer Kräfte. Es ist beeindruckend, dass die meisten trotz widriger Bedingungen weitermachen wollen.“
    (XX, Studienleitung

  • Wie geht es weiter?

    Das Medienecho auf die Studienvorstellung war sehr breit und ausführlich. Vielleicht fühlen sich einige Verantwortliche in Landes- und Kommunalpolitik angeregt, mehr Aufmerksamkeit auf die strategische Planung von Engagementförderung zu richten. Die Studie liefert ja konkrete Hinweise, welche Maßnahmen von den Engagierten mehr und welche weniger nachgefragt werden. Besonders ermutigend ist es, dass der Studienbericht in den ersten vier Wochen schon über 700-mal downgeloaded wurde – das Interesse an unserem Thema scheint also groß zu sein. Deshalb haben wir angeboten, die Methodik und Ergebnisse der Studie auch den anderen Bundesländern vorzustellen.

Grafik mit dem Text: #DSEE mit der Hochschule Neubrandenburg: Marginalisierung im Ehrenamt – Aufgabe für die Soziale Arbeit? Studienbericht. Hier geht es zum Inhalt. d-s-e-e.de

ANSPRECHPARTNERIN

Dr. Vivian Schachler
Forschung und Wissenstransfer

Anfragen bitte möglichst per E-Mail,
telefonisch erreichbar Mo – Do.

03981-4569-666

vivian.schachler@d-s-e-e.de