Titel der Studie:
Motivlage und Hinderungsgründe für bzw. gegen ein Engagement im organisierten Sport in der niedersächsischen Bevölkerung
Personen/Beteiligte Organisationen:
LSB Niedersachsen: Pascal Grüne, Dwain Schwarzer
involas Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik: Susanne Huth
Projektlaufzeit:
September – Dezember 2024 (Förderung DSEE) sowie Januar – Oktober 2025
Was wurde konkret gemacht?
In einer standardisierten Online-Befragung wurden knapp 2.000 Personen der niedersächsischen Bevölkerung befragt. Zusätzlich wurden vier Leitfadeninterviews mit dem Landessportbund (LSB), Sportjugend-Vertretenden sowie Kreissportbund (KSB)-Vertretenden aus strukturstarken und strukturschwachen Gebieten durchgeführt.
Was sind die drei spannendsten Ergebnisse?
- Engagement ist abhängig von Einkommen und Bildung: Menschen mit niedrigem oder ohne Schulabschluss sowie solche, die ihre finanzielle Lage als schlecht einschätzen, engagieren sich deutlich seltener. Nur knapp ein Fünftel der Engagierten hat die Möglichkeit, sich Kosten aus der freiwilligen Tätigkeit erstatten zu lassen.
- Motive für Engagement unterscheiden sich nach Engagementbereich: Für sportlich Engagierte spielen die Motive „sich persönlich weiterentwickeln“ sowie „wichtige Qualifikationen erwerben“ eine wesentlich größere Bedeutung als für andere Engagierte.
- Zeit ist häufig der Grund für fehlendes Engagement: Es ist der größte Beendigungs- und Hinderungsgrund für potenziell Engagierte und frühere Engagierte. Besonders im Sportbereich wird der Wunsch nach flexiblen, weniger verpflichtenden Engagementformen deutlich.
Welche Zahl ist brisant?
In dieser Studie liegt die Engagementbereitschaft bei 34,9 Prozent, während sie in der sportbezogenen Sonderauswertung des FWS (Braun, Sielschott & Burrmann, 2022) bei 67 Prozent liegt.
Was war ein wichtiger “Aha-Moment”?
„Die Studie zeigt einmal mehr, dass der Sport eine hohe Bindungswirkung hat und vielfältige Möglichkeiten des freiwilligen Engagements für eine große Vielfalt der Engagierten bietet. Gleichzeitig liefert die Studie wertvolle Hinweise für die Entwicklung von Unterstützungsangeboten für Sportvereine in Niedersachsen zur Gewinnung und Bindung von Engagierten auf der strategischen und auf der operativen Ebene.“ (Susanne Huth)
Was...
… kann die Politik aus den Erkenntnissen lernen?
- Die meisten Sportvereine sind klein und rein ehrenamtlich geführt, daher geraten sie aufgrund hoher bürokratischer und rechtlicher Anforderungen an ihre Grenzen. Zu deren Entlastung braucht es eine stärkere finanzielle Unterstützung im Bereich der Digitalisierung sowie Beratung und Begleitung. Förder- und Beratungsangebote sollten sprachlich und inhaltlich so gestaltet sein, dass sie für alle Zielgruppen verständlich und zugänglich sind. Neben symbolischer Anerkennung (z.B. Ehrenamtskarten) sollten auch strukturelle Anreize wie Rentenpunkte oder Arbeitszeitbefreiungen für Engagierte geprüft werden.
… können engagementfördernde Organisationen lernen?
- Zeitliche Entlastung kann durch die Vereinfachung von Prozessen in der Antragstellung und Nachweisführung von Förderungen erreicht werden.
- Die Gewinnung und Einarbeitung neuer Engagierter sollte strukturiert und systematisch erfolgen. Ebenso wichtig ist eine wertschätzende Verabschiedung, um negative Erfahrungen zu vermeiden und ggf. Rückkehrende zu gewinnen.
- Neben klassischen Ehrungen sind auch geldwerte Vorteile, Fortbildungen und Qualifizierungsangebote wichtige Anreize für das Engagement, insbesondere im Sportbereich.
- Der Austausch mit anderen Vereinen, Schulen, Hochschulen und Unternehmen sollte gestärkt werden, um Synergien zu nutzen und neue Engagierte zu gewinnen.
- Die Motive für Engagement sind vielfältig. Besonders im Sport stehen Spaß, Geselligkeit und persönliche Weiterentwicklung im Vordergrund. Organisationen sollten diese Motive gezielt in ihrer Ansprache und bei der Gestaltung von Engagementangeboten berücksichtigen.
- Zeitliche Gründe und der Wunsch nach Flexibilität sind die häufigsten Hinderungsgründe. Organisationen sollten flexible, auch punktuelle Engagementmöglichkeiten anbieten und die Vereinbarkeit mit Beruf, Familie und anderen Verpflichtungen verbessern.
… kann die Wissenschaft und Forschung lernen?
- Motive und Hinderungsgründe variieren je nach Engagementbereich, Alter, Bildung, finanzieller Situation und Wohnort. Diese Differenzierung sollte in Analysen stärker berücksichtigt werden.
- Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten stärker in Handlungsempfehlungen für die Praxis übersetzt werden, z.B. durch die Entwicklung von Tools, Checklisten oder Fortbildungsangeboten für Vereine.
- Es besteht Forschungsbedarf zur Wirksamkeit verschiedener Förder- und Anerkennungsmaßnahmen sowie zur Rolle der Digitalisierung im Engagement.
Wo finde ich weitere Informationen?
Hier geht’s zum Studienbericht (804 KB).
Hier geht’s zur Pressemitteilung (externer Link).


